30 days of Blogging. Tag 7. Kampf dem FOMO.


Jedes Foto aus Yosemite sieht aus wie von Bob Ross gemalt.

Wenn es etwas gibt, was ich an Freizeit in unserer Gesellschaft nicht mag, dann die Quasi-Verpflichtung, seine wortwörtliche freie Zeit mit Aktivitäten zu füllen. Das umso mehr, wenn das Wetter gut ist.

Ich war die letzten drei Tage jeden Tag draußen, habe alles mögliche gemacht. Fahrrad fahren, im Gras liegen, Hängematte kaufen, Kuchen backen. Heute nicht. Heute war ich zu Hause, saß an der Nähmaschine, guckte Youtube-Videos und tat sonst - nichts.

Natürlich verstehe ich es. Die letzten Wochen waren wettermäßig mehr als scheußlich, also muss man das gute Wetter nutzen, um all das zu tun, was noch nicht möglich war. Möglichst viel draußen sein, aktiv sein. Klar, das mache ich auch. Aber mir ist es genauso wichtig, mich einmal komplett der Umwelt entziehen zu können.

Einige meiner KollegInnen, FreundInnen und Bekannte haben mich mit diesem neuen Gefühl aus Übersee bekannt gemacht: FOMO. FOMO steht für "fear of missing out", also die Angst etwas zu verpassen. Das Gefühl kennt man: Da draußen passiert so viel Aufregendes, das muss man doch gesehen und erlebt haben. Weil wir nicht ewig leben und das Ende schneller kommt, als man denkt.

Womit wir bei dem Problem unserer Existenz kommen: dem Tod. Wir haben das Unglück, genau über unsere Endlichkeit Bescheid zu wissen. Ich weiß nicht, ob ihr jemals nachts nicht schlafen konntet, weil euch der Gedanke der Nicht-Existenz fertig macht. Ich erinnere mich an eine Theologie-Studentin (!), die diesen Gedanken manchmal nur mit Alkohol bewältigen konnte. So furchterregend ist das Ganze.

Sehen wir der Tatsache ins Auge: Die Tage mit Sonnenschein, an denen wir draußen ohne frieren herumradeln können, sind begrenzt. Wir wissen zwar nicht, wann es das letzte Mal war, aber dieser eine Tag kommt bestimmt. Wenn ich nicht heute mich in den Biergarten setze, an den See fahre, ein Eis an der Lieblingseisdiele esse, auf ein Grillfest gehe, diese Ausstellung sehe, dann ist wieder eine Chance vertan. Weil es da draußen noch so viele Dinge gibt, die wir erleben möchten.

Ganz ehrlich: Allein das Formulieren dieser Sätze, dieses atemlose "wenn nicht jetzt, wann dann..." ermüdet mich bisweilen. Ich bin absolut dafür, die Möglichkeiten des Lebens auszuschöpfen, viel auszuprobieren. Doch zu diesen Möglichkeiten gehört auch, mal zu Hause zu bleiben, Zeit mit sich selbst verbringen, sich auszuprobieren. Wenn man immer nur der Action da draußen hinterherjagt, dann sagt man implizit: Ich bin es nicht wert, dass ich mit mir Zeit verbringe, weil alles andere spannender und besser ist als ich.

Einen Tag nichts zu tun, Gelegenheiten mal verstreichen zu lassen, heißt für mich: Dem Tod ins Gesicht zu lachen und ihm f*ck you zu sagen. Nennt mich dumm. Don't care.

Deshalb als Sentenz des Tages folgenden Spruch aus einem alten Katzenkalender:

"Einen Tag lang in Muße zu verbringen bedeutet, einen Tag lang unsterblich zu sein."

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