30 days of Blogging. Tag 12. Germany's Next Top-Yellowface?

My Asian wisdom knows *everything*.


"Ich werde jetzt nach Hause gehen und mit meiner Tochter Germany's Next Top-Model gucken." So verabschiedete sich meine Kollegin von mir, als ich gestern um kurz vor sieben als eine der letzten im Büro war. (Keine Sorge, ich kam auch erst gegen 10 Uhr ins Büro.) Begeistert klang sie nicht, aber GNTM Finale sei eine Gelegenheit mit der Teenager-Tochter Quality Time zu verbringen.

Diese Sendung wäre nicht auf meinem Radar gelandet, wenn auf Twitter @baum_glueck hingewiesen worden wäre. Anscheinend schwebten die jungen Teilnehmerinnen zum Thema "Asiatische Heldinnen" über den Laufsteg. Sie sprach von "Yellowface".

Die bloggerische Sorgfalt empfahl, dass ich mir den Beitrag zumindest einmal ansah, bevor ich meine Meinung abgebe. Benefit of the doubt/Im Zweifel für die Angeklagten und so.

Also: Zu "fetzigen" Remixen von Shakuhachi-Musik und Bowies "Little China Girl" laufen die Models über den Laufsteg, sie tragen alle optischen Chiffren, die dem/r BeobachterIn im Westen sofort "Asien" signalisieren: Rot und Gold, Seide, die Holzsandalen, der ausgeprägte Kopfschmuck, die bodenlangen Ärmel. Was halte ich also davon?

Ich halte es für Yellowface und für kulturelle Aneignung (cultural appropriation). Die Nachwuchsmodels wurden zwar nicht im Gesicht auf asiatisch geschminkt und die ganze Show war nicht dazu gedacht, asiatische Menschen und ihre Kultur zu verunglimpfen. Aber die Gestik und Mimik zeigen, dass asiatische Menschen und Verhaltensweisen nachgeahmt werden sollten.

Asien und das Thema "asiatische Heldinnen" werden als Kulisse verwendet, der Look wird zusammengestellt nach dem, was man sich im Westen unter "Asien" vorstellt. Ein bisschen Geisha, ein bisschen Mandarin-Hofdame, ein bisschen thailändische Tempeltänzerin. In der Kunst nennt man das Chinoiserie. Es ist ein genuin europäische Erfindung des Asiatischen, was mit der Wirklichkeit oder gar mit der Historie nichts zu tun hat.

Chinoiserien befriedigen nur das Bedürfnis nach dem Besonderen, dem Geheimnisvollen. Jaja, wir AsiatInnen sind alle toootal magisch, exotisch und mystisch. *sichdenimaginärenKinnbartstreich*

Versteht mich nicht falsch: Ich finde es völlig in Ordnung, sich auch Inspiration aus anderen Kulturen zu holen. Oder wenn sie tatsächlich asiatische Heldinnen aus der Geschichte dargestellt hätten. Aber solche Symboltransfers sind immer eine Frage des Kontexts: In Deutschland bzw. im Westen ist es leider so, dass die Existenz asiatischer Menschen als Teil der deutschen Gesellschaft ignoriert oder aktiv geleugnet wird. Asiatische Menschen bekommen kaum Schauspielrollen (fragt mal den Theatermenschen Dan Thy Nguyen - er erzählte in einem Interview, dass seine Art, Gefühle zu spielen, als unverständlich bewertet wurde), seit Philipp Rösler nicht mehr in der Politik ist, sieht man sie auch so gut wie gar nicht im Fernsehen. Wenn doch, dann nur in absolut klischeehaften Rollen, als Restaurantbetreiber mit gebrochenem Deutsch.

Dann komm die Mehrheitsgesellschaft und "nimmt sich die asiatische Welt, wie-de-wie-de-wie sie ihr gefällt" - das hat für mich etwas Demütigendes. Weil wir als Asiatisch-Deutsche nicht asiatisch sein dürfen, wie wir es wollen und nicht vollständig akzeptiert werden. Aber wenn ein/e WestlerIn auf asiatisch macht, ist es "edgy" und "spannend". Deshalb bin ich auch von dem Anime-/Kpop-Look der deutschen ESC-Vertreterin Jamie-Lee nicht sonderlich begeistert. Es ist ja OK, wenn sie es selbst spannend findet und sich gerne damit beschäftigt. EDIT: Was ich kritisiere, ist die seltsame Art, gerade dieses "sie macht auf asiatisch" hochzujubeln, während "gewöhnliche" AsiatInnen in Deutschland nach wie vor mit Rassismus konfrontiert sind.

Das sind so die täglichen kleinen Nadelstiche, die man bekommt. Deshalb halte ich mich von Mainstream-Medien weitgehend fern, weil ich nicht will, dass mir in Herz und Hirn gesch*ssen wird.

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