Wörter mit Migrationshintergrund - die Rückkehr

Neben den eingewanderten Wörtern, die das Deutsche nun bevölkern, gab und gibt es immer wieder auch einmal den umgekehrten Fall, dass Wörter auswandern und woanders heimisch werden. Leserin Moni hat gefragt, ob es denn auch deutsche Wörter in asiatische Sprachen geschafft haben. Schon jetzt kann ich sagen: Ja, es gibt sie. Zwar nicht allzu viele, aber je nach Sprache findet man schon etwas.

Hier also eine kleine Liste sogenannter Germanismen in einigen asiatischen Sprachen:

bia - Vietnamesisch für "Bier". Wurde aus dem Französischen übernommen, wo das entsprechende Getränk ja bière heißt. Die Franzosen hatten die Bezeichnung wiederum von den Niederländern übernommen und damit das gallische Wort cervoise ersetzt. Ob das niederländische Wort bier für "Bier" aus dem Deutschen kommt, vermag ich nicht zu sagen. Fest steht zumindest: Das vietnamesische Bier ist germanischen Ursprungs.

shupuuru bzw. シュプール - Japanisch für "Skispur" bzw. "Spur im Schnee, die entsteht, wenn man Ski fährt". Dieses Wort ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine Silbensprache mit Fremdwörtern umgeht. Ein Wort wie Spur, in dem zwei Konsonanten aufeinanderprallen, ist für viele Menschen auf der Welt sehr schwer auszusprechen (für meine Eltern heißen z.B. Aldi und Lidl einfach A-Di und Lidd). Deshalb schiebt man im Japanischen zwischen zwei Konsonanten einen Vokal. Shupuuru stellt für Japaner zugleich einer Lautmalerei dar: So klingt es in etwa, wenn man schwungvoll und schnell einen Berg hinunterfährt...

(gast)hof - Koreanisch für "Kneipe im westlichen Stil". Das heißt, man bekommt dort auch, wer hätte das gedacht, Bier. Hier wurde also nicht nur ein deutsches Wort importiert, sondern auch gleich ein gewisses kulturelles/kulinarisches Konzept. Deutsche Bierkultur, du bist weltweit in aller Munde...

guli bzw. 骨沥 - im Chinesisch von Qingdao (und laut Wikipedia nur dort) das Wort für Gullydeckel. Chinesisch ist nicht sonderlich entlehnungsfreudig, anders als etwa Japanisch, in dem es von Anglizismen und Germanismen nur so wimmelt.

blumenkohl/blumkol - indonesisches (bzw. genauer: in der Kreolsprache Bahasa Indonesia) Wort  für "Blumenkohl". Ist möglicherweise aus dem Niederländischen ausgewandert, die Ähnlichkeit mit dem deutschen Wort lässt sich aber nicht abstreiten. 

arerugi bzw. アレルギー - japanisch für "Allergie". Viele medizinische Begriffe im Japanischen sind deutschen Ursprungs. Das hängt damit zusammen, dass die westliche Heilkunst ab dem 19. Jahrhundert von Deutschland aus nach Japan kam. Das betraf vor allem die Lehrbücher. Deutschland war im 19. Jahrhundert in quasi allen wissenschaftlichen Disziplinen führend, was zu den Germanismen geführt haben mag.

Man erkennt leicht, dass die Wörter noch lange nicht so stark an ihre neue Umgebung angepasst sind. Das betrifft vor allem ihre Lautung. Mir als Sprachwissenschaftlerin sagt das, dass die Wörter noch ziemlich frisch eingewandert sind. Das bedeutet auch, dass die beiden Sprachen bisher eher wenig miteinander zu tun hatten und sich das erst vor kurzem geändert hat.

Ich hoffe, das war aufschlussreich für euch. Mann, von dem ganzen Bier- und Gasthofgeschreibe habe ich Durst...

Die Infos stammen aus der Wikipedia, dem Goethe-Institut, Spiegel Online und meiner eigenen Sprachkenntnis.

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CONVERSATION

8 Kommentar/e:

  1. interessant. Vorher kannte ich nur englische Wörter, die sich eingemixt hatten, hauptsächlich ins Japanische.

    Mein GöGa hatte ja mal (als er in Singapur wohnte) ein büssel japanisch gelernt. da kamen nur slche Schönehiten wie "hu-raiing pan" (frying pan) vor das er sich erst mal in einem Gespräch erschließen musste und "makedonaboga" (oder so, amrikanische Ernährungsverdrehung) oder "terebi" (TV, soweit ich mich richtig erinnere) vor. Aber auch schön, besonders das erste. Er sagte das dauerte, bis er das so vom Hören (das war im Gesprochenen, nicht geschrieben) mitbekommen hatte, was es war.

    Ich find das immer so interessant, wie Konsonanten auseinander gerissen werden, Vokale verschwinden (das aber eher in nicht asiatischen Sprachen)und alles sowas.

    Vielste Grüße!

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  2. Ja, Sprachen sind einfach sehr spannend und faszinierend :)

    Manchmal kann man ein richtiges Ratespiel daraus machen, was für ein englisches/deutsches Wort das im Japanischen ist :D

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  3. Au ja, sowas würde Spaß machen... vielleicht sogar richtig knifflig sein.

    Man sollte mal sowas machen... als Gewinnspiel-Aufgabe? ;o))
    Da müsste man dann wirklich mal ein wenig was leisten :-)

    Grüßle!

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  4. Haha, ja, das wäre ja mal eine Idee! Wollte ohnehin mal wieder neue Leser akquirieren ;)

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  5. :-)))
    mit sowas findest du bestimmt auchinteressante und interessierte Leser. Vielleicht findest du ja Vokabular aus der Beauty Branche... das fänd ich auch interessant.

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  6. Ich wäre dabei :) Vor Jahren habe ich auch mal 2 Semester Japanisch gelernt und ich muss sagen, dass ich alles vergessen habe :( . Aber mitraten würde ich natürlich, ich neige dazu, für alles Erklärungen zu finden, meine Phantasie ist grenzenlos ;)

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  7. Was für ein toller Post! Sprachwissenschaft ist sowieso total interessant, und ich werde mich in den nächsten Tagen mal quer durch diesen Blog lesen und bin schon sehr gespannt, was ich alles finde (also nicht wundern, wenn Kommentare zu alten Posts kommen). :) Ich war schon damals während des Studiums fasziniert, als ich in Germanistik (3. Wahlfach) mittelhochdeutsche Texte gelesen habe und verwundert festgestellen musste, wie alt manche Wörter sind, von denen ich das nie gedacht hätte (z.B. urlaub / urloub) und wie stark die Ähnlichkeiten des damaligen deutsch mit holländisch oder englisch sind (ors = Pferd (horse)). Oh Gott, ich texte dich voll, sorry... :) Viele Grüße und weiter so! Ninea

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  8. @Ninea: Danke für die Blumen :) Mittelhochdeutsch mochte ich auch, allerdings weniger die Lyrik als den sprachwissenschaftlichen Aspekt... Grüße zurück!

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