Alltagsrassismus gegen AsiatInnen - das NEO Magazin und #cancelColbert


Wenn ich in meiner Twitter-Timeline ein bestimmtes Hashtag von mehr als einem halben Dutzend Leuten angezeigt bekomme, weiß ich: Es ist wieder ein Shitstorm aufgezogen. Und manchmal sehe ich sogar zwei Shitstorms gleichzeitig - einmal diesseits und einmal jenseits des Atlantiks. Aber von vorn.


TV Total im chinesischen Fernsehen?

Noch habe ich die Hoffnung auf gutes deutsches Fernsehen nicht aufgegeben, weshalb ich immer Vorrezensionen zu Fernsehsendungen lese. Das NEO Magazin klang gut, also sah ich mir die Sendung vom 27. März an. Der SZ-Rezensent hatte auf jeden Fall Recht: Die Sendung war abseits des Üblichen. Dennoch hinterließ sie bei mir einen schalen Beigeschmack wegen einem Beitrag. Falls ihr die Sendung nicht gesehen habt, hier die Kurzzusammenfassung. 

In der Rubrik "NEO Magazin Fernseh-Nothilfe" hilft das Magazin langweilig gewordenen TV-Sendungen mit Content. Opfer Kandidat dieses Mal: TV Total. Die Redaktion des NEO Magazin hat dazu der ProSieben-Sendung ein Band zugespielt, das angeblich eine nicht-autorisierte chinesische Kopie der TV-Total-Serie "Blamieren oder Kassieren?" zeigt, eine Art Gameshow, wo KandidatInnen Geld gewinnen können. Die angeblich chinesische Sendung ist betont auf lächerlich/lustig gemacht: Der Moderator trägt einen knallroten Anzug, zwei Personen in Tierkostümen tanzen durchs Bild.

TV Total nimmt das zum Anlass, die chinesische Sendung als "Blamielen odel Kassielen" nachzustellen. Ich hätte wegen diesem beleidigenden Klischee am liebsten den Fernseher aus dem Fenster gewuchtet ausgemacht. Aber ich wollte sehen, wohin dieses ganze Theater führt. Schließlich löste Böhmermann die Scharade auf: Alles war fake, der chinesische Moderator spricht nicht einmal chinesisch. Es war supereinfach, TV Total reinzulegen, haha.

Am nächsten Tag erhob sich auf Twitter ein Shitstorm gegen Jan Böhmermann, das NEO Magazin und zdf.neo: Rassismusvorwürfe wurden laut, die vom Sender und Moderator weitgehend ignoriert, kleingeredet oder teilweise lächerlich gemacht wurden. Auch ich fand es einfach blöd, wobei die Sendung selbst nur teilweise mein Unbehagen erklären kann. Aber dazu komme ich noch.


 

Colbert Report und der Tweet

In den USA herrscht derzeit unter anderem eine Diskussion über den Namen des Footballclubs "Washington Redskins", der rassistisch und für amerikanische Ureinwohner beleidigend ist. Als Wiedergutmachung hat der Verein angekündigt, eine Stiftung zu gründen. Der Name: Washington Redskins Original Americans Foundation. Ja nee, is klar.
Der Colbert Report, eine eher linksgerichtete Sendung, und Ihr Moderator Stephen Colbert kritisierten diesen Schritt mit einer Satire, die später auch getwittert wurde:
I am willing to show #Asian community I care by introducing the Ching-Chong Ding-Dong Foundation for Sensitivity to Orientals or Whatever - Quelle
Suey Park, eine Asian-American Twitter-Aktivistin und Autorin, nahm diesen Witz zum Anlass, das Hashtag #cancelColbert zu starten, um sich gegen Alltagsrassismus zu wehren. Schon in der Vergangenheit hatte sie mit #notyourasiansidekick zu einer Diskussion über Rassismus gegen AsiatInnen beigetragen. Grund genug für die Huffington Post mit ihr per Google Hangout über den Vorfall zu sprechen. Der Interviewer jedoch war wenig respektvoll - er nannte Parks Meinung "dumm", was entscheidend zur Eskalation beitrug.

Sie brach das Interview ab und machte ihrem Ärger auf Twitter Luft. #CancelColbert gab das noch mehr Auftrieb. Was folgte, waren Androhungen von Mord und Vergewaltigung gegen Park, noch mehr Rassismus und ein veritabler Shitstorm. Ein lesenswerter Artikel zeigt einen möglichen Grund, warum die Reaktionen gegen Park so heftig waren: Die Medien seien laut werdende, mächtige Asiatinnen nicht gewohnt.

Gleichzeitig gab es Stimmen auch innerhalb der asiatischen Community, die die Aufregung um Colbert und den Tweet nicht verstanden: Das sei klar erkennbar Satire, Colberts Persona in der Sendung ist der "dumme Republikaner", er entlarve Rassismus, und Suey Park und ihre FollowerInnen verstünden keine Satire. Die etablierten Medien sekundierten (s. erste Zwischenüberschrift hier).

Alltagsrassismus tief verwurzelt

Nach einigen Nächten darüber schlafen sah ich bei der Causa Böhmermann und #cancelColbert Parallelen: Beide Formate verordnen sich als progressiv. So ist der Colbert Report bekannt dafür, Bigotterie zu entlarven. Jan Böhmermanns Sendung gilt als Speerspitze guten Fernsehens in der Nische. Außerdem bezeichnete er in seiner Sendung den Blackface-Auftritt eines österreichischen Moderators gegen Kim Kardashian auf dem Wiener Opernball als "rassistische Beleidigung", was in deutschsprachigen Medien Seltenheitswert hat.

Beide wollen die Schwächen ihrer ausgewählten GegnerInnen bloßstellen: Colbert will zeigen, dass der Verein rassistisch ist, Böhmermann will die Konkurrenz vom Privatfernsehen als in die Jahre gekommen und unfähig diskreditieren. Dass TV Total obendrein rassistische Klischees von der angeblichen r-/l-Schwäche von ChinesInnen wiedergibt, bleibt jedoch unerwähnt und wird auf der NEO magazin-Webseite munter weitergetragen.

Ebenso gemeinsam haben sie, dass sie AsiatInnen als Mittel zum Zweck gebrauchen. AsiatInnen werden mit Vorliebe zur Pointe gemacht und tauchen auch nur zu diesem Zweck auf. Dass der asiatische Kollege beim NEO Magazin (hatte der überhaupt einen Namen?) auch super wäre als Sidekick, ähnlich wie Manuel Andrack bei Harald Schmid, fällt niemandem ein.

Das Problem sind nicht das NEO Magazin oder der Colbert Report an sich - das Problem ist der blinde Fleck, den progressives Fernsehen nach wie vor beim Thema "hausgemachter Alltagsrassismus" hat, weil er so tief verwurzelt ist, dass er als solcher nicht erkannt wird. Stattdessen wird sich herausgeredet und der Fehler bei der angeblichen Humorlosigkeit der Gegenseite gesucht.

Hier erklärt sich mein Unbehagen: Wenn schon die angeblich fortschrittlichen Menschen und Massenmedien unter rassistischem Denken leiden, möchte ich mir lieber nicht ausmalen, was die Konservativeren oder die Stammtische über MigrantInnen oder auch Homosexuelle denken. Unbehagen ist der falsche Ausdruck - es macht mir Angst.

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CONVERSATION

19 Kommentar/e:

  1. Hallo,
    gleich vorweg, zu #CancelColbert kann ich nichts sagen, weil ich davon nichts mitbekommen habe.

    Bei Böhmermann muss ich gestehen, dass ich weder während der Diskussion darum noch nach lesen deines Blogposts verstanden habe, worin der Rassismus auf Seiten des Neomagazins liegt. Vielleicht liegt das an deiner These, dass der zugrundeliegende Rassismus so tief verwurzelt ist, dass man ihn nicht mehr erkennt, dann würde ich um eine tiefergehende Begründung bitten. Vielleicht ist es aber auch einfach so, dass ich das bloße Verwenden von Stereotypen nicht für rassistisch halte. Egal, ob es sich um schwarze, weiße oder andersfarbige Stereotypen handelt. Um mal ein etwas klischeebehaftetes Zitat zu verwenden: Waffen töten keine Menschen. Und das Verwenden von Stereotypen macht noch keinen Rassismus, sondern der dahinterstehende Zweck.
    Ja, es haben Asiaten mitgespielt und sie haben Asiaten dargestellt. Ja, keiner der Mitwirkenden hat (bis jetzt) eine längerfristige Rolle im Neomagazin gespielt. Da waren drei dabei, sollen die jetzt alle eine Rolle kriegen? Muss eine Sendung jedem der mal Statist in einem Beitrag war eine längerfristige Rolle geben? Wenn ja, wie soll das gehen und wenn nein, warum dann ausgerechnet den Darstellern aus diesem Beitrag?

    Um es überspitzt zu formulieren, ich finde, sich Stereotypen bedienende Satire mit Rassismus gleichzusetzen reichlich arrogant. Es impliziert nämlich, dass alle anderen, außer dem Kritiker selbst, zu dumm seien, die Satire dahinter auch zu erkennen. Deshalb muss man ihr einen deutlichen Stempel verpassen, damit auch die dümmsten Idioten ja nicht auf die Idee kommen, etwas Wahres daran zu finden. Rassismus wird auf NPD-Parteitagen gemacht und nicht in offen links gerichteten Fernsehsendungen. Damit schließe ich nicht aus, dass es einzelne Menschen gibt, die sich davon beleidigt fühlen könnten. Aber so ist das halt, sobald man öffentlich eine Haltung einnimmt, tritt man immer irgendwem auf die Füße, egal, mit welchem Stilmittel man diese Haltung bezieht.

    Bliebe die angebliche r/l-Schwäche. Ich sehe es nicht als Aufgabe Böhmermanns, dies anzuprangern. Aufgenommen habe ich es nur im Titel des zugehörigen YouTube-Videos gesehen, dort in Anführungszeichen und somit klar als Zitat erkennbar. Weitere Verwendungen davon habe ich nicht gesehen, will aber natürlich nicht ausschließen, dass es sie gibt.

    lg, ein Gast

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    1. Hallo Gast,
      Stereotype und Klischees müssen kein Problem sein. Wichtig ist aber, wer in welcher Position diese Stereotype verwendet und was er/sie damit bezweckt. Es macht einen Unterschied, ab ein/e AsiateIn asiatische Klischees aus eigenen Stücken aufs Korn nimmt (beispielsweise als Stand-Up-Comedian) oder ob eine in Hautfarbenfragen privilegierte Mehrheitsgesellschaft diese benutzt.

      Du schreibst "Rassismus wird auf NPD-Parteitagen gemacht und nicht in offen links gerichteten Fernsehsendungen." Diese Argumentation halte ich für fatal - nur weil jemand sich politisch links verordnet, heißt das noch lange nicht, dass er nicht vor rassistischen Ansichten gefeit ist. Mit so einer Denkweise wird man blind für eigene Fehler.

      Der Alltagsrassismus, den ich beim NEO Magazin sehe, ist folgender: Im deutschen Fernsehen gibt es kaum asiatische Repräsentation (man tut sich ja schon schwer, türkisch-deutsche zu finden, von denen es viel mehr gibt). Wenn aber AsiatInnen mal vorkommen, werden sie lediglich instrumentalisiert, als Gimmick benutzt. Sie kommen nicht als vollwertige Personen vor, sondern nur in ihrer rassistischen Betrachtung als "AsiatInnen". Als ob ihre einzige Eigenschaft wäre, asiatisch zu sein. Das gefällt mir nicht, ist aber nichts, das sich auf das NEO Magazin allein beschränkt.

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    2. @Anonym:
      „Vielleicht ist es aber auch einfach so, dass ich das bloße Verwenden von Stereotypen nicht für rassistisch halte.
      […]
      Waffen töten keine Menschen. Und das Verwenden von Stereotypen macht noch keinen Rassismus, sondern der dahinterstehende Zweck.“

      Waffen an sich sind erst einmal nur Werkzeuge. Erst ihre Verwendung ist schädlich.
      Stereotypen an sich sind erst einmal nur Gedankenkonstrukte. Erst ihre Verwendung lässt sie zu Vorurteilen werden, die wiederum rassistisch, sexistisch, etc. sein können. Insofern ist die Verwendung von Stereotypen immer eine Gratwanderung, die im oben beschriebenen Fall völlig schief gelaufen ist.

      Die Frage ist doch, was ist überhaupt Satire? Satire will sich doch über Missstände lustig machen. Worüber will sich das Video von NEO Magazin denn lustig machen? Über TV Total oder über eine angeblich chinesische Sendung? Offenbar wird hier nicht TV Total durch den Kakao gezogen, sondern „Chinesen“ und ihre Sendung.
      Dass TV Total sich wiederum über diese angebliche „chinesische Sendung“ lustig macht und nicht merkt, dass hier eigentlich TV Total veräppelt werden soll, ist ja wohl ein eindeutiger Beweis dafür, dass selbst die Macher von TV Total die angebliche Satire auf TV Total nicht erkannt und verstanden haben. Wie kann das dann eine Satire auf TV Total sein?

      Wenn Du Dich über eine Sache lustig machen willst, dann bitte mit Stereotypen, die mit dieser Sache, also in diesem Fall TV Total, zu tun haben. Das wird hier aber nicht gemacht. Ergo liegt hier keine Satire vor, sondern ein Video, das Stereotypen über „Chinesen" instrumentalisiert, um sich über TV Total lustig zu machen, die das auch nicht kapiert haben. Insofern ist das Video über diese "chinesische Sendung" einfach nur rassistisch.

      Zum Thema Satire fand ich das hier sehr aufschlussreich:
      http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/extra_3/wir_ueber_uns/wasdarfsatire100_page-1.html

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    3. Hallo Thi,
      dass eine linksgerichtete Persönlichkeit keine rassistischen Ansichten haben kann, habe ich nicht sagen wollen. Ich wollte sagen, dass es ganz bestimmt immer noch ein gesamtgesellschaftliches Rassismusproblem gibt, Shitstorms (die generell nie ein geeignetes Mittel für irgendetwas sind) sich aber meiner Meinung nach fast nie gegen die richtigen Ziele richten.

      Im letzten Absatz ist mir das "Vergehen" des Neomagazins noch nicht ganz klar.
      1. Dort arbeiten 2 Menschen regelmäßig vor und wahrscheinlich mindestens das 10- bis 20-fache hinter der Kamera. Weißt du wieviele Menschen mit nicht-deutscher Abstammung dort arbeiten? Ich nicht, aber ich weiß, dass in 2 Rollen nur sehr begrenzt ethnische Quoten erfüllt werden können.
      2. Für den Clip wurden asiatische Darsteller benötigt. Wie hätte man sie sonst besetzen sollen? Oder hätte man darauf verzichten sollen? Hätte man als Statement sagen sollen "Wir hatten dieses und jenes vor, aber wir haben's nicht gemacht, weil Asiaten im deutschen Fernsehen so unterrepräsentiert sind"? Damit hätte eine so ironiedurchsetzte Satiresendung genau das Gegenteil bewirkt, das sollte jedem klar sein.
      3. Die Rollen in Film und Fernsehen sind immer von der Gesellschaft geprägt in der sie entstehen. Das ist in Deutschland genauso wie im Rest der Welt. Der Besitzer eines asiatischen Restaurants wird von Asiaten gespielt, Mafiosi von Darstellern italienischer Abstammung, Nazis von Deutschen und so weiter. Warum auch nicht? Filme erzählen Geschichten und eine Rolle, die der Zuschauer auf den ersten Blick einordnen kann, spart ganz einfach Zeit. Zudem wäre es albern, wenn in einem Bollywoodfilm plötzlich stocksteife Weiße rumtanzten (auch so ein Stereotyp, sorry). Und ich war nur kurz in Asien, aber werden dort viele Fernsehrollen mit Weißen besetzt? Oder gar Schwarzen? Nein, weil z.B. chinesisches Fernsehen nun mal von Chinesen mit Chinesen für Chinesen gemacht wird.

      Dass Minderheiten im Fernsehen weniger präsent sind, ist in den meisten Ländern der Welt ein schlichtes Problem der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Das kann man natürlich Alltagssrassismus nennen, aber je kleiner die Minderheit, desto kleiner die (rein rechnerische!) Wahrscheinlichkeit, im Fernsehen stattzufinden. Wie erstrebenswert das auch immer sein mag. Dahinter Böswilligkeit zu vermuten, wie es die Shitstormer tun, halte ich für völlig überzogen.

      lg, ein Gast

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    4. Hallo Daniel,
      das ihre bloße Verwendung Waffen schädlich macht, werden Jäger anders sehen. Oder Sportschützen. Ich finde eher, dass der Verwendungszweck sie schädlich macht. Ähnlich wie sich Stereotypen bedienende Satire.

      Die These, dass sich der Clip ja wohl über Chinesen lustig machen muss, weil TV Total nicht verstanden hat, dass sie auf den Arm genommen wurden, halte ich für an den Haaren herbeigezogen und völligen Unsinn. Gerade in der Auflösung wird ausschließlich über TV Total gesprochen. Es wird ebenso sehr ausführlich erklärt, warum der Clip entstanden ist und es wird sehr deutlich, dass man Raab an seinem Ego packen und keine Satire auf TV Total machen wollte. Hast du den Beitrag überhaupt ganz gesehen? Die satirische Ansatz bestand darin dass TV Total, die sich seit 20 Jahren über, in ihren Augen, schlecht gemachtes Fernsehen lustig machen, selbst nicht mal kleinste Rechercheaufgaben korrekt durchführt. Satire auf TV Total als Sendung hat zB Switch Reloaded ja schon zig mal gemacht, warum sollte man das nochmal tun?

      Tut mir leid, aber ein "eindeutiger Beweis" ist deine Argumentation höchstens dafür, dass du den ganzen Beitrag scheinbar nicht so richtig verstanden hast. Wie schon gesagt schließt das nicht aus, dass du Recht hast oder dich persönlich angegriffen fühlst, aber der "Beweisführung" kann ich beim besten Willen nicht folgen.

      lg, ein Gast

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    5. "Worüber will sich das Video von NEO Magazin denn lustig machen? Über TV Total oder über eine angeblich chinesische Sendung? Offenbar wird hier nicht TV Total durch den Kakao gezogen, sondern „Chinesen“ und ihre Sendung."

      Diese Interpretation vermag ich gar nicht zu teilen. Das Problem an der Aktion von Böhmermann und Co ist doch, m.E., gerade dass die AsiatInnen hier nur Mittel zum Zweck sind. Du erwartest hier eine Parodie von TV Total, das soll aber diese Sequenz nicht sein. Sie ist schlicht eine Falle, eine Bloßstellung von Raabs Ego und der Achtlosigkeit mit der TV Total gemacht wird. Gleichzeitig enttarnt sie, wie tief das Klischee der kopierenden und irgendwie albern verkindlichenden (insgesamt auf jeden Fall total bescheuerten) asiatischen Medien in Deutschland selbst bei vermeintlichen Medienprofis verankert ist. Ein Problem dass das NEOMagazin hat, ist das die Satire die dort betrieben wird sehr viel Vorwissen voraussetzt (der rote Anzug ist zum Beispiel gerade kein übertriebenes Klischee, sondern der Anzug den Elton immer bei "Blamieren oder Kassieren" trägt und der Moderator des Fakes mag zwar kein Chinesisch können, aber er sagt laut einigen Twitterkommentaren wohl schon sinnvolle Dinge, wenn auch mit schlimmem Akzent). Das alles macht es nicht besser, dass die AsiatInnen dieser Aktion gerade mal bessere Pappkameraden sind. Wären AsiatInnen sonst in den Medien präsent, wäre selbst das ja kein Problem, aber so trägt das NeoMagazin weiter dazu bei, dass es in Deutschland (selbst in den USA, Colbert hat ja praktisch den gleichen Fehler begangen, nur in anderer Form) weiter nur "Showchinesen" gibt.

      Dass diese Bezeichnung von Böhmermann selbst stammt zeigt nur wie unreflektiert dort das Ganze angegangen worden ist. Schade, denn sonst ist diese Sendung ja gerade eben höchst selbstreflektierend.

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  2. Das mit CancelColbert hab ich auch mitbekommen und mir schon gedacht, dass du was dazu schreiben wirst. Dass ein satirischer Beitrag, der genau das Problem, nämlich Rassismus, beleuchten will, so dermaßen aus dem Zusammenhang gerissen wird, ist echt typisch für diese Twittershitstorms. Erst tweeten, dann informieren. Und natürlich gleich Absetzung und Verbannung ins Exil fordern. Könnte ich mich echt ewig drüber aufregen.
    Mich interessiert: hast du den Colbert Beitrag gesehen? Was ist deine Meinung jetzt dazu? Irgendwie ging das für mich nicht ganz hervor eben.

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    1. Hi Marina,

      ja, ich habe den Beitrag gesehen und weiß auch genau, was er damit bezwecken wollte und wie seine Satire funktioniert. Gleich die Absetzung einer gesamten Sendung wegen eines Fehlers zu fordern ist meiner Meinung nach etwas viel. Für Aufmerksamkeit hat es gesorgt, aber ob es effektiv war?

      Aber ich erlaube mir die Frage: Ist es so unmöglich, rassistische Praktiken zu kritisieren, ohne wiederum andere rassistisch zu verunglimpfen?

      Das Problem ist nach wie vor, dass AsiatInnen in allen Medien unterrepräsentiert sind. Wenn sie denn vorkommen, dann nur als Witz, um irgendeinen Standpunkt zu beweisen. Der Rassismus der anderen ist schlimm ("Redskins"), aber der eigene ("Ching Chong...") ist ok? Die ersten begründen es mit Tradition, die anderen mit Satire - für mich beides keine guten Gründe für Alltagsrassismus.

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    2. Ich bin da anderer Meinung als du. Colbert spielt eine Kunstfigur, die echte Rassisten (und andere intolerante, dumme Individuen) karikiert und ihnen mit seiner überspitzten Darstellung vor Augen führt, wie dumm ihre Äußerungen sind und ihre Einstellung ist. So wie er als falscher Republikaner die Absetzung des Präsidenten fordert und als falscher Homophober eben die Schwulen für sämtliche Naturkatastrophen verantwortlich macht. Das ist eben die Rolle.
      Und um auf deine Frage zurückzukommen. Natürlich ist es nicht unmöglich, aber in vielen Fällen ist eine humoristische Herangehensweise einfach wirkungsvoller. Wenn man "nur" kritisiert, dann klingt das für viele einfach wie Genörgel oder Überempflindlichkeit. Erst in übertriebener Form wird Vielen klar, was auch im Moderaten nicht okay ist.

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    3. Dass Colbert mit seiner Satire RassistInnen angreift, ist völlig in Ordnung - ich bin sehr dafür. Das ist ja Aufgabe von Satire - Missstände anzuprangern und die Dummheit der (stärkeren) Gegenseite zu zeigen.
      Was Satire nicht sollte: Nach unten treten gegen Schwächere/Benachteiligte. Es hätte andere, ebenfalls humorvolle Mittel gegeben, den "Feind" bloßzustellen, ohne zusätzlich sich des selben Fehlers schuldig zu machen. Ich bin nicht gegen Humor als Mittel gegen Rassismus, aber es muss klar sein, wen man damit angreifen/bloßstellen will. Wohl nicht AsiatInnen.
      Und das Schlimme ist: Dank des Colbert'schen Ausrutschers ist der Rassismus des Football-Clubs völlig in den Hintergrund gerückt. Das ist aber nicht Suey Park und anderen anzukreiden, die darauf hingewiesen haben, sondern dem Witzemacher selbst.

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    4. "Und das Schlimme ist: Dank des Colbert'schen Ausrutschers ist der Rassismus des Football-Clubs völlig in den Hintergrund gerückt. Das ist aber nicht Suey Park und anderen anzukreiden, die darauf hingewiesen haben, sondern dem Witzemacher selbst."

      Das will ich, ehrlich gesagt, stark bezweifeln. Die Diskussion wird seit Monaten immer heftiger und das wird sich durch Colbert nicht ändern. Nicht zuletzt haben selbst von dieser Aktion, die ja immerhin national durch die Medien ging, die meisten Amerikaner nichts mitbekommen.

      Das Einzige, was man Park vorwerfen könnte ist die absichtliche Überspitzung. Sie sagt ja selbst, sie mag den Colbert Report sehr und wollte nie dass die Sendung abgesetzt wird. Sie nutzt stattdessen den provokanten Hashtag um mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Das funktioniert und löst Debatten aus, aber es spaltet auch enorm und ärgert dabei vor allem Leute, die der Sache an sich eigentlich grundsätzlich offen gegenüber eingestellt sein sollten.

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  4. Ich denke, das Bekämpfen von Rassismus fängt damit an, dass wir Menschen erst einmal akzeptieren, dass niemand von uns wirklich rassismusfrei ist. Selbst mit den besten Absichten kann ich nicht alles über alle möglichen Gruppen wissen. Ich kann also nicht wissen, inwiefern andere Gruppen von meiner angenommenen Normalität abweichen, so dass ich immer in Gefahr laufe, ihnen bestimmte Eigenschaften zuzuordnen, die auf diese Gruppen aber nicht zutreffen.
    Insofern sind Bescheidenheit und Demut im Umgang mit anderen Menschen eigentlich ratsam.

    Bescheidenheit und Demut passen aber wohl nicht in unsere Gesellschaft, lassen sie „uns Männer“ doch „schwach“ erscheinen, was uns ja gar nicht passt. Außerdem sind wir alle erwachsen und wissen doch, was richtig und was falsch ist (Achtung: Ironie! ;-) ).

    Dabei soll ja selbst Einstein erkannt haben: Was wir wissen, ist ein Tropfen; was wir nicht wissen, ein Ozean…

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  5. Ich fand es auch schräg zu sehen, wie die beiden Vorfälle quasi parallel auftauchten. Allerdings kann man an ihnen recht deutlich das Niveau der Diskussion in den jeweiligen Ländern ablesen: Colbert wird (zu recht!) dafür kritisiert, daß er versucht Rassimus bloßzustellen, indem er ein noch heftigeres rassistisches Stereotyp in Anschlag bringt und das damit reproduziert - mit der "ironischen Brechung", daß die Kunstfigur Colbert ein reaktionärer Tea-Party-Pundit ist, der ständig behauptet 'colourblind' zu sein. D.h. die Übertreibung, in der sich das Ausmaß des Rassismus zeigen soll, schlägt einfach auf diejenigen zurück, die den "Witz" gemacht haben. Im Grund hätten die Showschreiberlinge einfach zugeben können, daß das unter der Gürtellinie war und sie anerkennen, daß sich Menschen von ihrem "Gag" rassistisch beleidigt fühlen. Statt dessen wird die Sache auf allen Ebenen verteidigt und eingefordert, daß doch gefälligst auch die Beleidigten das lustig zu finden hätten. Das geht einfach gar nicht. Und das, daß man sich nämlich nicht beschweren darf ohne sofort von der weißen Mehrheit mundtot gemacht zu werden, habe ich als eigentlich Aufhänger von #cancelcolbert gesehen.

    Beim Neomagazin kann ich so eine doch eher komplizierte Struktur gar nicht erkennen - es ging ja einfach nur darum, sich übers "Idiotenfernsehen" lustig zu machen, indem man ihnen ein rassistisches Video zuspielt um sich dann zu ecchauffieren, daß die Show noch dümmer + rassistischer ist als man selber. Ist ordentlich nach hinten losgegangen würde ich sagen. Im Gegensatz zu dem Vorfall bei CR konnte ich hier noch nicht mal den Anflug einer Reflexion auf Rassimus erkennen - ich meine "Ich lese einfach nur die Speisekarte vor", "Ich kann kein Wort Chinesisch" und "Wollen wir noch einen Kontrabass im Bild haben?" SIC!
    Was hierzulande als intelligentes Fernsehen durchgeht ist wirklich peinlich. Ich hab mich schon wieder so fremdgeschämt, das ging echt gar nicht!

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  6. Wer den Stewart oder den Colbert in irgendeiner Form ernst nimmt, hat echte Defizite. Das sind Komiker, Narren, Joker! Nix davon ist echt. Ausserdem sollte echt nur urteilen wer mehr als 50 Sendungen geschaut hat. Ich geh auch nicht einzelne Sätze aus der FAZ rauspicken. Oder dann mache ich das klar. Colbert hat meherere solche Witzstiftungen, es sei nur an den Super-PAC erinnert, der mehr für die demokratische Kontrolle getan hat als eine manche NGO in ihrer gesamtem Wirkzeit.

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  7. OT: Aaaah, Danger Bananas. Hab ich dich wieder! :-) Hab neulich nach deinem Blog gesucht und dachte, er würde Angry Bananas heißen. Und dein Twitter-Name war mir auch nicht mehr eingefallen. (Ich hoffe, ich habe das nicht schon mal vor einer Woche oder geschrieben. Wollte es nämlich da eigtl. schon machen.)

    Zum Thema: Ich dachte mir bei dem Typen, der den chinesischen Moderator gemiemt hat, nur: Oh Gott, der Arme. Ich kann mir gut vorstellen, wie der Druck war, als irgendjemand die Idee hatte: "Ey, mach uns mal den Chinesen." Als ich mal bei NRJ Sachsen gearbeitet hatte, wollte auch jemand von der Morning Show bei einer Aktion in der Innenstadt, dass ich der Moderatorin Luft mit einem Palmenwedel zufächere. -.-

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    1. OT: Angry Bananas wäre auch ein guter Name gewesen - wobei ich selten wirklich angry bin :D

      Zum Thema: Ja, das denke ich auch. Der hat wahrscheinlich gelacht und gesagt: Klar, machen wir. Aber ob ihm das wirklich so angenehm war - ich weiß nicht.
      Und zur Radio NRJ Sachsen-Sache: Oh mein Gott, doch nicht im Ernst?!

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  8. Die Geschichte ist in der Tat ernstgemeint. Und obwohl der Sidekick der Moderatorin mehrfach betont hat, dass mir freisteht, da mitzumachen, hatte die Frage üblen Stress bei mir ausgelöst. Zu dem Zeitpunkt (2004 oder so) hatte ich mich noch nicht groß mit Rassismus beschäftigt und konnte mein "Unbehagen" nicht einordnen, aber der Stress war enorm.

    OT: Angry Bananas wäre auch echt toll gewesen. Ich bin ja eigtl. auch nur sehr selten angry. Viel zu selten. Aber im Blog kann ich mich wenigstens austoben. \o/

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  9. Ich "oute" mich mal als regelmäßiger NeoMagazin Zuschauer. Ich finde Du hast mit
    "blinde Fleck, den progressives Fernsehen nach wie vor beim Thema "hausgemachter Alltagsrassismus" hat"
    genau den Punkt getroffen.Ich denke das ist leider in Bezug auf Sexismus genauso.
    Ich sehe die Sendung gerne und hatte dennoch von Anfang an an einigen Stellen ein unwohl sein.
    Sie zieht sich auf ein ist alles Ironie, Satire zurück. Böhmermann kokettierte in Interviews ja auch immer mal wieder damit das die Sendung nur Unterhaltung sei und nur aus versehen einmal Haltung durchkäme http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2127720/Jo-Sch%C3%BCck-trifft..-Jan-B%C3%B6hmermann) vielleicht ist da mehr dran als Er und die btf Leute selber meinen.

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