Mein Bauch gehört mir! Fitness, Photoshop und Frauenkörper

Jetzt, wo die Olympischen Spiele wieder vor der Tür stehen (Wahnsinn, wie schnell vier Jahre vergehen!), wird man/frau sie wieder sehen: AthletInnen in den unterschiedlichsten Disziplinen. Auch wenn ich persönlich selten Sportveranstaltungen im Fernsehen verfolge - ich war immer fasziniert davon, wie unterschiedlich sportliche Menschen aussehen können. DiskuswerferInnen, BeachvolleyballerInnen, HochspringerInnen, GewichtheberInnen - sie alle sind auf ihre Weise athletisch und sportlich. Man findet also eine große Bandbreite an menschlichen Formen.

Für mich als Freizeitsportlerin war das immer äußerst beruhigend, dass Fit-Sein vieles bedeuten kann. Denn was für die Besten der Besten im Sport recht ist, kann für mich als Schreibtischathletin nur billig sein, oder? Anscheinend nicht - nach wie vor gilt die Devise: Frauen sollen zwar fit sein, dabei aber möglichst dem femininen Ideal entsprechen. Zu wenig Muskeln ist schon schlimm, aber zuviel Muskeln geht ja gar nicht! Ich möchte zum Beispiel nicht wissen, was über Venus und Serena Williams schon alles getratscht und Böses geschrieben wurde, weil sie sehr muskulös sind und so gar nicht dem Bild des weichen weiblichen Geschlechts entsprechen.

Der Rahmen, in dem sportliche Aktivitäten für eine Frau als gesellschaftlich akzeptabel erachtet werden, ist denkbar klein - vielleicht Pilates, Yoga, Joggen, Beachvolleyball, weil da alle so schön im Bikini auftreten müssen. Wichtig immer: Frauen sollen als "Frauen" erkennbar bleiben. Hammerwerfen, Kugelstoßen oder Rugby sind da nicht gerade genderkonform - diese Frauen sehen ja aus wie Männer! (Das scheint eine ultimative Beleidigung zu sein - einer Frau das Frau-Sein absprechen).

Dumme Kommentare selbst ich mir bereits anhören. Wenn ich sage, dass ich viel Krafttraining und auch mal "was mit Hanteln und Gewichten" mache und trainiere, bis mir der Schweiß in Bahnen den Rücken runterläuft, entblöden sich viele Männer nicht, mir an den Kopf zu werfen: "Ja, also, das find ich ja nicht so attraktiv, Frauen mit Sixpack und Ringerschultern." Was bitteschön hat die Meinung eines Mannes zu meiner Attraktivität damit zu tun, wie viel und was ich trainieren soll/darf? Wenn ich einen Sixpack will, trainiere ich dafür. Mein Bauch gehört immer noch mir. Leider sind auch Frauen mit Body-Bashing oft genug dabei, ihren Geschlechtsgenossinnen das Leben schwer zu machen.

Ob die Körperkritik mit den Jahren immer härter und erbarmungsloser geworden ist? Mir fällt auf, dass durch das geschönte und genormte Bild, das "die Medien" uns servieren, unser geistiger Horizont enger und enger wird hinsichtlich dem, was wir bei Menschen als akzeptabel, normal oder schön empfinden. Ich ertappe mich selbst dabei, wie ich erschrecke, wenn ich im HD-Fernsehen Menschen mit Hautporen, Rötungen oder Pickeln sehe. Dabei ist das völlig normal - nur habe ich mich selbst an die Photoshop-Version der Welt so gewöhnt, dass das Normale plötzlich grotesk erscheint.
Dieses Bombardement an perfektionierten Bildern bewirkt eine Art Xenophobie - eine Angst vor allem, was irgendwie fremd erscheint: Zu dick, zu dünn, zu groß, zu klein, zu weich, zu hart, zu alt, zu irgendwas. Verständnis für die menschliche Imperfektion? Fehlanzeige.

Ich empfehle deshalb allen und mir selbst, diese Woche mit schönem Wetter zu nutzen und Menschen auf der Straße anzugucken - für einen Reality-Check. Auch Freibäder oder Badeseen bieten sich dazu an. Ihr werdet menschliche Formen entdecken, die unser verarmter, totgeglätteter Medienalltag nicht zeigt. Und wenn ihr erst mal Verständnis für andere Menschen entwickelt habt, seht ihr vielleicht auch euren eigenen Körper mit anderen Augen.

Für diejenigen, die sich lieber von der Bildschirmstrahlung bräunen lassen, lege ich folgende Bilder von SportlerInnen ans Herz:





Anmerkung: "Fit" bedeutet im ursprünglichen Sinne "an bestimmte Anforderungen angepasst".

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CONVERSATION

9 Kommentar/e:

  1. Da kommt mir doch grad die deutsche Frauenfussballnationalmannschaft in den Sinn. Die wurden doch eine Zeitlang in Werbespots gezeigt, so à la: Ja, auch Fussballerinnen können attraktiv sein. Dass man das überhaupt so rausstellen musste, hat mich recht gestört.

    Ich mache ja Bauchtanz, und da sind die Frauen ja traditionell eher runder, damit man die Bewegungen auch schön sehen kann. Aber wehe, eine mollige Frau tritt auf! Dann heisst es bäh, pfui, hässlich! In dem Restaurant, wo ich von Zeit zu Zeit tanze, wurden Tänzerinnen schon gebeten, nicht mehr zu kommen, weil sie zuviel wogen. Und auf der anderen Seite muss man sich immer anhören, dass man als Bauchtänzerin doch einen Bauch brauche, und das soll ein Kompliment sein. Verquere Welt!

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    1. Fußballerinnen spielen hauptsächlich Fußball, Optik sollte das sekundär, besser tertiär sein. Aber da sie Frauen* sind, "müssen" sie irgendwie vermarktbar sexy sein...

      Und zu den Reaktionen auf die etwas molligeren Bauchtänzerinnen: O_O Das ist mehr als unmöglich! Es überschneidet sich aber genau damit, was ich in meinem Blogbeitrag geschrieben habe: Die Akzeptanz für Frauenkörper bewegt sich in einem winzigen Rahmen. Sobald du nur ein bisschen da rausfällst, bist du praktisch Freiwild.

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  2. Nicht nur Frauen - auch für einen Mann ist es wohl eine der schlimmsten Beleidigungen, ihn als unmännlich zu bezeichnen. Gleichzeitig wollen wir aber unsere Männer sensibel etc. Widerspruch?!

    Und ja, Frauen, die sich gegenseitig bashen, statt zusammenzuhalten... Die eine Freundin ist zu dick, aber die andere zu dünn (neben der sieht man ja dann selbst fett aus), die dritte zu schlampig... Wer solche Freunde hat...

    Übrigens geht sowas auch nicht nur für Körperformen. Ich habe sehr weiße Haut und während das in Japan total bewundert wurde, muss ich mir hier ständig, vor allem im Sommer, anhören, wie krank ich aussehen würde und wie "furchtbar blass" etc. Da möchte ich jedes Mal schreien, "was geht dich denn das an, Lederhaut?!" Mal ehrlich, wenn ich andersrum jemandem sagen würde, er/sie wäre zu braun, würde wohl sofort eine Rassismus-Diskussion losgehen.

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    1. Da hast du natürlich recht. Da sieht man/frau mal, wie beide Geschlechter unter diesem Quatsch zu leiden haben.

      Das mit der Hautfarbe ist wirklich bescheuert. Ich finde Blässe an natürlich blassen Menschen schön, weil das eben zu ihnen gehört (besser als krebsrot vom Sonnenbrand oder orange vom Selbstbräuner).

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  3. Dieses Mal habe ich gar nicht so viel zu sagen, liebe naekubi. Ausser, Du hast vollkommen recht und Danke, dass Du versuchst unsere Selbstwahrnehmung auf ein gesundes Maß herunter zu schrauben.

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    1. Nun habe ich doch noch was zum Thema zu sagen. Genauer gesagt nicht ich, aber ein Autor vom Blog "Gleisbauarbeiten". Das passt nämlich genau dazu.

      http://gleisbauarbeiten.blogspot.de/2012/07/vorfreude-auf-olympia-und-close-minded.html

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    2. Es ist vor allem auch an mich eine Erinnerung, verständnisvoller auf meine Umwelt zu reagieren und auch meine eigene Wahrnehmung zu schulen.

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    3. Und danke für den Link - der Text schlägt in dieselbe Kerbe und erweitert die Diskussion noch um die (nicht vorhandene) Sicht auf den Männerkörper.

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  4. Ich merke immer wieder selbst, wir dieses Medienideal auf mich Einfluss nimmt, wenn ich körperliche Schönheit bewerte. Das ärgert mich selbst und ich versuche dagegen anzugehen, aber es ist wirklich schwer. Das ich blass bin durfte ich mir auch ständig anhören. Kombiniert mit "Du solltest nicht so viel vor dem PC sitzen." Dabei werde ich nicht mal im Sommerurlaub wirklich braun. Mein jetziger Umgang ist da angenehmer.
    Ich hab im letzen Jahr etwa 5 Kilo zugelegt. Ich hab jetzt nach BMI mittleres Idealgewicht, aber wenn ich mich mit den Werbefrauen vergleiche komme ich mir regelrecht fett vor. Da stimmt doch was nicht! Wir haben in der WG gestern Cloverfied geschaut. Eigentlich ein guter Film, aber im nachhinein gab es dort keine junge Frau, die dem Ideal von B-Körbchen und BMI 18 nicht entsprach. Und da war eine riesen Menge Frauen in den ersten Szenen....
    Nach ein paar Minuten aufmerksam Werbung schauen auch kein anderes Ergebnis. "Perfekte" Menschen, überall. So ein Scheiß...
    Als ich mich eine Zeit lang nach einer neuen Frisur umgesehen hab, haben mir die Models auf den Fotos ein furchtbar schlechtes Gefühl gegeben. Dabei war ich sonst immer sehr zufrieden mit meinem Aussehen.

    @Elissar:
    Die Geschichte ist echt traurig. Da wird die Kunst mit Füßen getreten und alles schön dem gängigen Ideal angepasst.

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