Das Gleichnis vom trüben Wasser

Wieder kamen die Follower von Naekubi zu ihr in die Einsamkeit. Sie traten aufgeregt an sie heran und fragten sie: Gute Bloggerin und Meisterin zu Fragen des Rassismus, wie sollen wir es mit Fremden halten, die hier arbeiten wollen, aber wegen der geltenden Gesetze nur wenig Lohn erhalten können? So wenig, dass kein Einheimischer so arbeiten wollte? Sollen wir verhindern, dass die Fremden ausgebeutet werden?

Da sah Naekubi sie lange an und antwortete ihnen:

Vor einer blühenden, reichen Stadt gab es eine lange Straße, die durch ödes Land führte. Die Stadt war die einzige Siedlung weit und breit und jeder, der in die Stadt wollte, musste auf dieser Straße zur Stadt gehen. Es gab ein geschäftiges Ein und Aus jeden Tag. Die Städter gingen ihrer Arbeit und ihren Vergnügungen nach.

Eines Tages kam eine Fremde vorbei. Sie war aus einer armen Gegend, wo Dürre und Hunger herrschten und hatte sich auf den Weg gemacht, um ihr Glück in der blühenden Stadt zu suchen. Der Weg war lang und beschwerlich, doch beschwerlicher wäre das Leben in ihrer Heimat. Sie hatte von den Wohltaten der Stadt gehört, die sie ihren Bewohnern gewährte.

Es war noch am Morgen. Weil die Fremde schon lange unterwegs war, dürstete sie. Am Wegesrand sah sie einen kleinen Bach, aus dem sie schöpfen wollte. Da kam ihr ein junger Städter entgegen. Er meinte es gut mit ihr und sagte zu ihr: Trink nicht davon! Das Wasser ist trüb. In unserer Stadt geben wir dir viel klareres Wasser.
Sie vertraute seinen Worten, denn er meinte es gut mir ihr. Also trank sie nicht davon und sie ging weiter.

Die Sonne stand hoch über ihr, denn es war um die Mittagszeit. Wieder dürstete die Fremde. Neben einem Strauch sah sie einen kleinen Brunnen, der ein wenig Wasser führte und aus dem sie schöpfen wollte. Da kam ihr eine Städterin entgegen. Sie meinte es gut mit ihr und sagte zu ihr: Trink nicht davon! Das Wasser ist trüb. In unserer Stadt geben wir dir viel reineres Wasser.
Sie vertraute ihren Worten, denn sie meinte es gut mit ihr. Also trank sie nicht davon und ging weiter.

Bald wurde es Nachmittag. Die Luft war trocken und staubig. Ein drittes Mal dürstete es die Fremde. Ganz in der Nähe des Weges war ein kleiner See, der noch nicht ausgetrocknet war und aus dem sie schöpfen wollte. Sie neigte sich schon zur Wasseroberfläche. Da kam ein greiser Städter vorbei. Er meinte es gut mit ihr und sagte zu ihr: Trink nicht davon! Das Wasser ist trüb. In unserer Stadt geben wir dir viel frischeres Wasser.
Sie vertraute seinen Worten, denn er meinte es gut mit ihr. Also trank sie nicht davon und ging weiter.

Am Abend konnte die Fremde die blühende Stadt schon sehen. Sie hatte lange auf das klare, reine und frische Wasser gewartet. Die Fremde war von dem langen Marsch und der Hitze geschwächt. Vor den Toren der blühenden Stadt fiel sie tot zu Boden.

Naekubi sah ihre Follower an und fragte sie: Haben die Städter richtig gehandelt?

Ihre Follower antworteten: Sie hätten der Fremden wenigstens das Wasser aus der Pfütze, dem Brunnen und dem See erlauben müssen.

Naekubi erwiderte ihnen: Die Städter verschmähten das Wasser am Weg, weil sie von dem kristallklaren Wasser aus ihren Springbrunnen verwöhnt waren. Oh ihr Heuchler! Ist es nicht besser, einer Durstigen zu erlauben, das wenige trübe Wasser für sich zu schöpfen, als sie auf morgen zu vertrösten und sie in der Hitze verschmachten zu lassen?
Und ist es nicht besser, wenn Menschen aus eigenem Willen arbeiten und einen ungerechten Lohn erhalten, als wenn sie untätig sitzen und gar nichts haben?
Wenn ihr Menschen das Wenige verweigert, das sie sich durch ihre eigene Mühe und ihrer Hände Arbeit selbst beschaffen können, seid ihr Räuber. Ihr bestehlt sie nicht nur ihres Lohns, sondern ihrer Würde als handelnder und denkender Mensch.



Nach diesen Worten verließ sie Naekubi.



Danke an @_vanessavu, die mich zu diesem Gleichnis inspiriert hat. Ihr Beitrag auf ihrem Blog Philographie

Naekubis Nägel - Edition 004

Ich habe mich schuldig gemacht. Ich bin schuld daran, dass die besten und klügsten unserer Gesellschaft einer Sucht anheimfallen. Einer Sucht, der ich selbst seit meinem sechzehnten Lebensjahr fröne. Und ich denke nicht daran, aufzuhören. Ich bin dafür verantwortlich, dass @hanhaiwen inzwischen 25 Nagellacke und "sogar Kram zum basteln" (Zitat) ihr Eigen nennt. Das ist der Einstieg. Und irgendwann endet es damit, dass man hunderte Nagellacke hat. Und es ist nicht genug. Es ist niemals genug! Niemals!! *harharhar*

Ich bin nicht dem Wahnsinn verfallen, keine Sorge. Aber @hanhaiwen hat letztens getwittert, dass jemand mal eine App entwickeln sollte zum Katalogisieren der eigenen Sammlung - bisher gibt es auf dem Markt noch keine gute App dafür. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es eigentlich für fast alles eine App gibt.


Wenn ich gut programmieren könnte, würde ich gerne so eine App machen. Am besten sollte sie mit einer bereits angelegten Nagellackdatenbank kommen, die man nach Marke, Farbe, Finish (matt, jelly, creme, mit Schimmer, metallic, foil, mit Glitter usw.), Erscheinungsjahr, Verfügbarkeit und Namen filtern könnte. Anstatt mühsam selbst Fotos von der eigenen Sammlung zu knipsen, wären schon gute Produktfotos gespeichert und man könnte einfach per Drag&Drop seine eigene Kollektion zusammensuchen und speichern.

Würde ich dann vor einem Nagellackregal stehen, ich wüsste genau, welche Lacke ich bereits gekauft habe (ich habe vor kurzem wieder einen Lack zweimal gekauft), welcher Lack in meiner Sammlung ein Farbzwilling ist (vom Chanel Peridot gibt es ungefähr ein halbes Dutzend günstigere Kopien) und wo meine Sammlung noch Lücken aufweist (ich habe wenig Neonfarben und ein Lack, der die Farbe wechselt ist nach wie vor ein Desiderat). 


Zu meiner aktuellen Maniküre gibt es nicht viel zu sagen - einige erinnert es an Amerika (star-spangled banner, eher unbeabsichtigt), mich erinnert es an "fabulous Spiderman", aber statt mit Spinnweben eher mit Glitter. Der Farbverlauf ist noch nicht ganz perfekt, daran werde ich noch feilen müssen.

Interne Kommunikation

Im Rahmen einer guten Unternehmensführung spricht man häufig davon, wie wichtig die gute Kommunikation nach innen ist: Vorbildliche Betriebe kommunizieren offen und ehrlich mit ihren Angestellten, beteiligen sie am Diskurs und holen vielleicht auch ihren Rat ein. Schlechte Kommunikation ist, wenn der Laden, in dem man arbeitet, zumacht und man einen Monat vor dem Aus vor vollendete Tatsachen gestellt wird.

In dieser Hinsicht müsste meine Familie als schlechtes Beispiel gelten: Direkte Meinungsäußerungen kommen selten bis gar nicht vor. Stattdessen wurde bei uns etwas perfektioniert, was man als raffinierte interne indirekte Kommunikation bezeichnen könnte. Im Prinzip ist es wie eine zuverlässigere Form der Flüsterpost. Wenn meine Mutter beispielsweise findet, dass ich viel zu selten in die Provinz zu Besuch komme, dann teilt sie mir das nicht direkt am Telefon mit - das wäre ja viel zu einfach - sondern erzählt stattdessen Schwesterherz, dass ich ja schon mal wieder nach Hause kommen könnte. Schwesterherz wiederum teilt mir das bei Facebook- oder Skype-Chat mit. Oder wenn wir ganz wild sind, am Telefon. Streiten klappt dann zwar nicht mehr so gut, aber das ist ja vielleicht gewünscht.

In jüngeren Jahren fand ich das oft schrecklich - ich wollte offene Kommunikation, offene Konfrontation - wie bei den Deutschen. Irgendwann musste ich einsehen, dass das nicht viel bringt. Das Problem bei direkter Kommunikation ist nämlich, dass hier immer die Stärkeren gewinnen. Das waren oft genug meine Eltern. Leute, die leiser und langsamer reden und handeln geraten allzu leicht ins Hintertreffen. Außerdem erfolgt direkte Kommunikation oftmals dann, wenn sowieso alle höchst emotional sind - Streit, Derailing und fiese Angriffe sind da schon vorprogrammiert. Und das Problem, worum es eigentlich ging? Ist immer noch da. Nur will jetzt niemand mehr mit irgendjemandem reden.

Inzwischen habe ich mit unserer etwas merkwürdigen internen Kommunikation meinen Frieden gemacht, denn irgendwann reifte in mir die Erkenntnis, dass offen(siv)e Diskurse kein Allheilmittel sind. So viele meiner deutschen Bekannten und Freunde diskutieren in der Familie offener und konfliktfreudiger. Und so viele dieser deutschen Bekannten und Freunde haben Familienmitglieder, mit denen sie absolut nicht können.

Ob Konfuzius' Lehren aus dem Verhalten meiner Familie sprechen? Seine Ansichten prägen teilweise bis heute die Kultur (Ost-)Asiens. Konfuzius betonte immer wieder die Bedeutung des Kollektivs und dass das Individuum seinen Platz in der Hierarchie der Gesellschaft/der Familie kennen muss, damit alle ein gutes Leben haben. Das bedeutet natürlich, dass sich AsiatInnen sich etwas mehr zusammenreißen und die Zähne zusammenbeißen, anstatt ihre Meinung hinauszuposaunen und sofort einen Streit vom Zaun zu brechen. Man versucht einfach, sich gegenseitig nicht auf die Füße zu treten, auch wenn das den eigenen Bewegungsradius einschränkt.

Ich bin mir nicht sicher, ob meine Familienverhältnisse repräsentativ für andere asiatische Familien sind (eine Frage, die ich mir oft stelle: Sind andere AsiatInnen/VietnamesInnen auch so oder hat meine Familie einfach etwas merkwürdige Gewohnheiten?). Und indirekte Kommunikation hat auch ihre Schwächen - sie ist beispielsweise langsam und stark von der Qualität des Boten abhängig. Doch egal ob in Unternehmen, in asiatischen oder deutschen Familien: Was "gute" Kommunikation ist, ist auch eine Frage des Stils und der Kultur.


Gut, dass wir darüber geredet haben.

O-Töne

Letztes Wochenende war ich in Italien bei meiner Verwandtschaft - wir waren zur Hochzeit meines Cousins eingeladen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das tatsächlich mein erstes Mal in Italien war und dass ich den heiratenden Cousin bestimmt seit knapp 15 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Da Blut immer noch ein bisschen dicker als Wasser ist, wurden wir dennoch alle eingeladen.

blaue Stunde in Marano Vicentino

Es war ein sehr schönes Fest und es war toll, wieder einmal ein Stück Großfamilie zu genießen. Natürlich wurde viel geredet - einige Stilblüten gebe ich hier zum Besten. Viel Spaß.

YOLO! Ihr müsst das Leben genießen!
- Meine Tante aus der Schweiz. Gott, was müssen sich ihre Teenie-Kinder geschämt haben.

Der Hund ist schon zwei Jahre alt. Hmm. Noch zehn Jahre, dann stirbt er.
- Mein Vater beim Betrachten des Chihuahuas meines Cousins.

Deine Schwester ist so verschlossen, die ist dreimal abgesperrt!
- Mein vietnamesisch-italienischer Onkel über Schwesterherz.

Sie ist schon ziemlich aperta*.
- Meine vietnamesisch-italienische Tante über mich. "aperta" heißt übrigens offen o_o *woot*

Ich wollte als erstes Kind immer ein Mädchen. In Vietnam wünscht man sich als erstes Kind traditionell lieber ein Mädchen. Die können dann gleich der Mutter Arbeit abnehmen...
- Meine Mutter im Auto auf dem Weg nach München. Anscheinend betrachtet man Männer in Vietnam so wie Bienendrohnen - wichtig zur Fortpflanzung, ansonsten zu nichts zu gebrauchen.

Das ist ein Lied, das aus der Perspektive eines abgetriebenen Kindes geschrieben ist. - ...
- Meine Mutter, auch im Auto auf dem Weg nach München.